19
Juli
2022
|
10:55
Europe/Amsterdam

IMMER NOCH GROßE DEFIZITE BEIM DIGITALEN UNTERRICHT

Laut IU Studie gibt es an Schulen nach wie vor viele Hürden bei der Digitalisierung

•   In vielen Schulen ist Breitband-Internet nicht flächendeckend vorhanden. 
•   Zwei Drittel der Schulleitung sehen in der unzureichenden Ausstattung für Schüler:innen mit digitalen Geräten die größte Hürde der Digitalisierung.
•   Immerhin: 41,5 Prozent der Schulen arbeiten bereits mit Mitteln aus dem Digitalpakt.

Erfurt, 19. Juli 2022. Trotz Forderung nach mehr digitalem Unterricht – so wie im aktuellen Bildungsbericht – und intensiver Förderung durch den Digitalpakt findet digitaler Unterricht an deutschen Schulen noch nicht flächendeckend statt. Das zeigt die aktuelle Studie „Wie digital sind unsere Schulen?“ der IU Internationalen Hochschule (IU), in der Schulpersonal und Eltern von Schüler:innen deutschlandweit befragt wurde.
 

Weniger als die Hälfte (44,8 Prozent) der befragten Lehrer:innen und Mitglieder der Schulleitung gibt an, dass digitale Medien im Unterricht regelmäßig genutzt werden. Gerade mal 2,2 Prozent des Schulpersonals weist darauf hin, dass moderne Konzepte wie Flipped Classrooms, bei denen die Schüler:innen den Stoff eigenständig erarbeiten und Präsenz- oder Onlinephasen zur Vertiefung genutzt werden, in ihren Schulen stattfinden. Immerhin findet laut befragtem Personal bereits an jeder zehnten Schule Unterricht unter hauptsächlicher Nutzung digitaler Medien statt. Aus Sicht der Eltern ist das Defizit sogar noch größer: Nur 37,9 Prozent geben an, dass ihre Kinder in der Schule mindestens regelmäßig digital und multimedial unterwegs sind.
 

So findet auch die Hälfte der befragten Eltern (51,6 Prozent), dass digitale Medien in der Schule ihres Kindes zu selten verwendet werden. Außerdem wünschen sich viele eine bessere Ausstattung mit Tablets und Laptops. Ihrer Erfahrung nach gibt es in nur 32,2 Prozent der Fälle Tablet-Klassensätze, die bei Bedarf eingesetzt werden können. Dementsprechend fordern auch 47,3 Prozent der Eltern entsprechende Tablet-Klassensätze an den Schulen. Das Schulpersonal nimmt dies hingegen anders wahr: Im Rahmen der Studie gaben gut zwei Drittel (65,8 Prozent) an, ihre Klassen seien mit Tablet-Klassensätzen ausgestattet.
 

Nicht alle Schulen verfügen über flächendeckendes Internet 
Neben ausreichend vorhandener Hardware ist die flächendeckende Abdeckung mit Breitband-Internet eine der Grundvoraussetzungen, um mit digitalen Inhalten arbeiten zu können. Zwar geben ganze 98,5 Prozent des Schulpersonals an, dass ihre Schulen mit dem Internet verbunden sind – bei nur rund zwei Dritteln (68,6 Prozent) gibt es jedoch Internet in allen benötigten Räumen. Die befragten Eltern beobachten ein größeres Defizit: Sie geben zwar an, dass 93,7 Prozent der Schulen ihrer Kinder über eine Internet-Anbindung verfügen, davon aber nur 40,6 Prozent in allen benötigten Räumen Internet-Zugriff haben. Und in 6,3 Prozent der Schulen gibt es ihrer Erfahrung nach gar kein Internet.
 

Viel WLAN, wenige Smartboards – der Status-Quo an deutschen Schulen
Drei Viertel des Schulpersonals (76,1 Prozent) geben an, dass es in den Klassenzimmern WLAN-Zugangspunkte gibt. Desktop-PCs oder Laptops sowie Projektoren sind jeweils in mehr als der Hälfte der Unterrichtsräume vorhanden. Smartboards sind dünner gesät: Weniger als der Hälfte (45,1 Prozent) des befragten Schulpersonals stehen diese im Klassenzimmer zur Verfügung. Steckdosen an Schulpulten für Laptops oder Smartphones gibt es laut Schulpersonal so gut wie gar nicht (2,9 Prozent). Dementsprechend fordert auch mehr als ein Drittel der befragten Eltern (39,6 Prozent), die angeben, dass diese Geräte nicht in den Klassenzimmern verfügbar sind, mehr Smartboards und die Hälfte (53,8 Prozent) wünscht sich Steckdosen an Schulpulten.
 

Lehrer:innen mit sehr positiver Eigenwahrnehmung bei Digitalkompetenz 
Digitaler Unterricht erfordert mehr als die richtige Hardware und flächendeckendes Breitband-Internet, das Schulpersonal muss bei der Nutzung digitaler Medien firm sein. Dies sehen auch die befragten Mitglieder der Schulleitung so: Laut ihnen stellt die unzureichende Ausstattung der Schüler:innen mit digitalen Geräten die größte Hürde der Digitalisierung dar (65,7 Prozent), direkt danach folgt mit 63,7 Prozent die Digitalkompetenz der Lehrer:innen. 
 

Demgegenüber steht die Eigenwahrnehmung des Lehrpersonals: 99,5 Prozent geben an, sie bewegen sich routiniert durch das Internet. 22,3 Prozent von ihnen können sogar Inhalte für Blogs und Videokanäle erstellen – und 8,1 Prozent besitzen Programmierkenntnisse. Ihr digitales Know-how erlangen die Lehrer:innen nicht durch Schulungen oder Seminare, sondern im Austausch durch Kolleg:innen (81,5 Prozent) und durch Trial-and-Error (70,4 Prozent).
 

„Viele Lehrer:innen und Schulleiter:innen sind sicher im Umgang mit Onlineanwendungen – das zeigen auch die Studienergebnisse. Allerdings können sie sich oft nicht auf die IT-Systeme verlassen, da diese zu häufig ausgewechselt werden. Am Ende wird dann die sicherste, aber vielleicht schlechteste Lösung eingesetzt, mit der alle gezwungenermaßen arbeiten müssen“, sagt Prof. Dr. Ulrike Lichtinger, Professorin für Schulpädagogik, IU Internationale Hochschule (IU). 
 

Digitalpakt wird zögerlich genutzt
Angesichts der vielen Hürden bei der Digitalisierung ist die staatliche Förderung umso relevanter. Lediglich 41,5 Prozent der Mitglieder der Schulleitung geben an, dass ihre Schulen bereits mit Mitteln aus dem Digitalpakt des Bundes arbeiten – und bei weiteren 40,0 Prozent wurde immerhin ein Antrag gestellt oder bewilligt.
 

Bei der Ausarbeitung der Digitalisierungsstrategie werden an Schulen in gut zwei Drittel der Fälle (67,3 Prozent) externe Expert:innen hinzugezogen. Als zentrale Digitalisierungs-Maßnahme nannten die meisten Mitglieder der Schulleitung allerdings die Diskussion im Lehrer:innen-Kollegium (89,0 Prozent).
 

„Bei digitaler Bildung geht es nicht darum, die analogen Lehrmaterialien einfach durch digitale Dateien und Tablets auszutauschen. Digitale Bildung bedeutet vielmehr, ein strategisches und ganzheitliches Lehr- sowie Lernkonzept an Schulen zu implementieren, welches auf digitaler Ebene ganz neu gedacht werden muss.“, sagt Prof. Dr. Ulrich Kerzel, Professor für Data Science und Artificial Intelligence an der IU Internationalen Hochschule (IU). 


Über die Studie
Für die Studie „Wie digital sind unsere Schulen?“ der IU Internationalen Hochschule (IU) wurden zwei Personengruppen in Deutschland befragt: 683 Lehrer:innen und Mitglieder der Schulleitung sowie 944 Personen mit insgesamt 1.268 schulpflichtigen Kindern im Haushalt. Mit der Studie wollte die IU herausfinden, wie ausgiebig digitale Medien an Schulen genutzt werden und wie gut Schulen mit digitaler Infrastruktur ausgestattet sind. 

Das Whitepaper zur Studie ist hier verfügbar.

Grafiken:

Digitale Medien im Unterricht
 

Viel WLAN, wenige Smartboards

Ausstattung an Geräten: Eher gering

Strategien und Hürden der Digitalisierung an Schulen

Größte Hürden: Ausstattung und Kompetenzen

 

Bildmaterial der Sprecher:innen:

Prof. Dr. Ulrike Lichtinger, Professorin für Schulpädagogik, Mitarbeiterin an der IU Internationalen Hochschule (IU).

Prof. Dr. Ulrich Kerzel, Professor für Data Science und Artificial Intelligence an der IU Internationalen Hochschule (IU). 





Über die IU Internationale Hochschule 
Mit über 85.000 Studierenden ist die IU Internationale Hochschule (IU) die größte Hochschule in Deutschland. Die private, staatlich anerkannte Bildungseinrichtung versammelt unter ihrem Dach mehr als 200 Studienprogramme im Bachelor und Masterbereich, die in deutscher oder englischer Sprache angeboten werden. Studierende können zwischen dualem Studium, Fernstudium und myStudium, das Online- und Präsenzveranstaltungen kombiniert, wählen und mithilfe einer digital gestützten Lernumgebung ihr Studium selbstbestimmt gestalten. Zudem ermöglicht die IU Weiterbildungen und fördert die Idee des lebenslangen Lernens. Ziel der Hochschule ist es, möglichst vielen Menschen weltweit Zugang zu personalisierter Bildung zu verschaffen. Im Jahr 2000 hat die IU ihren Betrieb aufgenommen, inzwischen ist sie in 28 deutschen Städten vertreten. Sie kooperiert mit über 10.000 Unternehmen und unterstützt sie aktiv bei der Mitarbeiterentwicklung. Zu den Partnern gehören unter anderem die Deutsche Bahn, Motel One, Telekom, Vodafone und VW Financial Services. Weitere Informationen unter: www.iu.de