Executive Summary
Erst die Arbeit, dann die Erholung? Das gilt für viele Menschen in Deutschland nur mit Einschränkungen: 71,9 Prozent der Arbeitnehmer:innen erleben die sogenannte Leisure Sickness (deutsch: Freizeitkrankheit), also Erschöpfung und Krankheitssymptome an freien Tagen oder im Urlaub. Das zeigt eine repräsentative Studie der IU Internationalen Hochschule.
Die am häufigsten auftretenden Symptome von Leisure Sickness sind laut den Befragten Müdigkeit bzw. Erschöpfung, Schlafprobleme, Reizbarkeit, Kopfschmerzen und Erkältungssymptome. Außerdem geben 38,4 Prozent der Arbeitnehmer:innen an, nach der Arbeit schlecht abschalten zu können. Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie André, Professorin für Gesundheitsmanagement an der IU Internationalen Hochschule und Expertin für Gesundheit am Arbeitsplatz, ordnet die Ursachen von Leisure Sickness ein: „Die Ergebnisse zeigen, dass Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit, hohe Arbeitsbelastung und fehlende Erholung klare Risikofaktoren für Krankheitssymptome an freien Tagen sind.“
Obwohl für 95,5 Prozent der Befragten Erholung und Freizeit wichtig und sinnvoll sind, geben 4 von 10 Arbeitnehmer:innen in Deutschland an, dass ihr Privatleben nicht ausreichend für Erholung sorgt, um den Anforderungen im Beruf gerecht zu werden. Vor allem jüngeren Menschen fehlen laut Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie André Strategien zur Stressbewältigung. Unternehmen sollten hier Verantwortung übernehmen und mehr Unterstützung anbieten. Das finden laut IU Studie auch 63,6 Prozent der Arbeitnehmer:innen in Deutschland.
Im Interview zur IU Studie gibt die Professorin und Expertin für Gesundheit am Arbeitsplatz Tipps, woran Arbeitnehmer:innen Leisure Sickness erkennen und wie sie dieser vorbeugen können. Außerdem erklärt sie, warum auch die Art und Weise unserer Freizeitgestaltung einen erheblichen Einfluss auf unsere Erholung hat.
Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie André lehrt und forscht an der IU Internationalen Hochschule zu Gesundheitsmanagement. Die Expertin definiert für uns, was die Begriffe „Leisure Sickness“ und „Leisure-Sickness-Syndrom“ bedeuten – und welche Ursachen dafür vermutet werden.
Leisure Sickness bezeichnet ein Phänomen, bei dem Menschen genau dann Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen, Erschöpfung oder Erkältungssymptome entwickeln, wenn sie Freizeit haben – etwa am Wochenende oder im Urlaub. Die körperliche Ursache von Leisure Sickness wird im plötzlichen Abfall von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol vermutet. Leisure Sickness wird im Deutschen auch als Freizeitkrankheit (wörtliche Übersetzung) oder Wochenendkrankheit bezeichnet.
Leisure-Sickness-Syndrom ist eine alternative Bezeichnung für Leisure Sickness und wird vor allem im populärwissenschaftlichen Kontext verwendet. Obwohl das Leisure-Sickness-Syndrom (noch) keine offizielle medizinische Diagnose ist, zeigt der Begriff, dass es sich um ein häufig auftretendes und ernst zu nehmendes Stressreaktionsmuster handelt.
Das Leisure-Sickness-Syndrom kann als spezifische Ausprägung des Post-Stress-Syndroms verstanden werden – mit dem Unterschied, dass sich Leisure Sickness auf zeitlich begrenzte Symptome bezieht, die typischerweise an Wochenenden oder im Urlaub auftreten.
In einer Stressphase kommt es zu einer Überaktivierung des Sympathikus – ein Teil des vegetativen Nervensystems –, und der Körper unterdrückt Krankheitssymptome. Sinken Stresslevel und Hormonproduktion in der Freizeit („Leisure“), normalisiert sich die Immunfunktion – unterdrückte Symptome können hervortreten, und Erschöpfung wird spürbar. Das nennt man Rebound des Parasympathikus, ebenfalls ein Teil des vegetativen Nervensystems. Stark ausgeprägter Perfektionismus, hoher Leistungsdruck oder ungelöste psychische Belastungen können Leisure Sickness begünstigen oder verstärken.

Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie André
Professorin für Gesundheitsmanagement an der IU Internationalen Hochschule und Expertin für Gesundheit am Arbeitsplatz
Key Facts
Krank oder erschöpft an freien Tagen oder im Urlaub – viele Beschäftigte kennen das Gefühl.
71,9 %
der Arbeitnehmer:innen in Deutschland hatten an freien Tagen oder im Urlaub schon einmal das Gefühl, krank zu werden oder sich erschöpft zu fühlen.
Häufig oder immer krank im Urlaub? Ja, sagt fast jede:r Fünfte.
19,3 %
der Arbeitnehmer:innen in Deutschland erleben an freien Tagen oder im Urlaub immer oder häufig das Gefühl, krank zu werden oder sich erschöpft zu fühlen.
„Ich bin ständig unter Druck und fühle mich oft überfordert.“
9,2 %
der Befragten beschreiben ihre Arbeitsbelastung als sehr hoch: „Ich bin ständig unter Druck und fühle mich oft überfordert.“
Ständige Erreichbarkeit schadet der Erholung.
54,4 %
stimmen voll und ganz oder eher zu, dass die Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten ihre Erholung beeinträchtigt.
Überstunden sind für viele Arbeitnehmer:innen in Deutschland Alltag.
80,6 %
geben an, pro Arbeitswoche Überstunden zu machen: 42,9 Prozent durchschnittlich bis zu 2 Stunden pro Woche, 37,6 Prozent 3 und mehr Stunden.
Freizeit und Privatleben? Sorgen nicht immer für ausreichend Erholung.
40,1 %
stimmen voll und ganz oder eher zu, dass ihr Privatleben ihnen nicht genügend Erholung bietet, um den Anforderungen im Beruf gerecht zu werden.
Knapp die Hälfte der Unternehmen kümmert sich aktiv um die Gesundheit von Beschäftigten.
46,8 %
der Befragten stimmen voll und ganz oder eher zu, dass die:der Arbeitgeber:in aktiv Maßnahmen zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden unterstützt.
Aufgrund von Rundung können marginale Abweichungen in den Messergebnissen auftreten.

Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie André
Professorin für Gesundheitsmanagement an der IU Internationalen Hochschule und Expertin für Gesundheit am Arbeitsplatz
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