Warum der gewerbliche Rechtsschutz gerade für Gründer:innen so wichtig ist, ab wann es sich lohnt, das Thema anzugehen, und welche Stolperfallen unbedingt vermieden werden sollten – darüber sprechen wir heute mit Katharina von Seydlitz-Brandl, Expertin für gewerblichen Rechtsschutz und Markenrecht. Sie teilt mit uns ihr Wissen und gibt praxisnahe Tipps, wie ihr eure Marke langfristig schützen und stärken könnt.
Artikel | Lesezeit: 5 Min. | 18. Nov 2025, verfasst von Sabrina
Markenrecht für Gründerinnen: Warum dein Name Gold wert ist (und wie du ihn schützt!)

Gerade am Anfang einer Gründung gibt es viel zu bedenken: Businessplan, Finanzierung, die ersten Kund:innen. Doch ein Thema rückt oft zu Unrecht in den Hintergrund – obwohl es von Anfang an entscheidend ist: Der Schutz der eigenen Marke. Was viele Gründerinnen nicht wissen: Wer hier Fehler macht, riskiert im schlimmsten Fall nicht nur teure Rechtsstreitigkeiten, sondern auch den Verlust des eigenen Namens und damit der gesamten Außenwahrnehmung.
Kannst Du uns kurz erklären, was unter gewerblichem Rechtsschutz und Markenrecht zu verstehen ist und warum sich gerade Gründer:innen damit beschäftigen sollten?
Gewerblicher Rechtsschutz umfasst den rechtlichen Schutz von immateriellen Rechtsgütern wie Marken, Patenten, Designs und Gebrauchsmustern. Das Markenrecht ist ein Teilbereich davon und regelt insbesondere den Schutz von Kennzeichen wie Namen, Logos oder Slogans, mit denen ein Produkt oder ein Unternehmen identifizierbar ist.
Gerade für Gründer:innen ist das relevant, weil die Marke oft das erste ist, was Kund:innen wahrnehmen. Sie steht für Identität, Qualität und Vertrauen. Wer sich hier nicht rechtzeitig absichert, riskiert, dass andere den Namen übernehmen oder dass man selbst unbewusst gegen bestehende Rechte verstößt.
Ab wann sollte man sich um eine Markenanmeldung kümmern und was sind die ersten Schritte?
Idealerweise beschäftigt man sich mit dem Thema Markenrecht schon vor dem Markteintritt. Sobald eine Marke oder ein Logo entwickelt wurde, das man dauerhaft nutzen will, sollte geprüft werden, ob diese Zeichen überhaupt noch frei sind. Zudem sollte eine frühzeitige Anmeldung in Betracht gezogen werden, da im Markenrecht das Prinzip "first come – first serve" gilt. Die ersten Schritte sind: Durchführung einer Markenrecherche, die Entscheidung über die Markenform (Wortmarke, Bildmarke etc.), die Auswahl der richtigen Waren- und Dienstleistungsklassen sowie die Einreichung beim zuständigen Amt, in Deutschland z. B. beim DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt).
Wie läuft denn so ein Markenanmeldeprozess praktisch ab? Brauche ich dafür immer ein:e Anwält:in?
Der Anmeldeprozess ist formal relativ einfach, da die Marke mittlerweile online beim DPMA eingereicht werden kann. Allerdings ist die inhaltliche Vorbereitung, besonders die Recherche und Klassenauswahl entscheidend. Man muss keine Anwältin oder keinen Anwalt beauftragen, aber gerade bei komplexeren Vorhaben oder internationalen Marken lohnt sich die Unterstützung. Ein kleiner Fehler kann später teuer werden z.B., wenn man versehentlich ähnliche Marken verletzt oder die Anmeldung zu eng oder zu weit gefasst ist.
"Gerade für Gründer:innen ist das relevant, weil die Marke oft das erste ist, was Kund:innen wahrnehmen."
Katharina
Fachanwältin für gewerblichen Rechtschutz
Was sind die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl eines Markennamens?
Ein guter Markenname sollte vor allem unterscheidungskräftig und nicht beschreibend für das darunter vermarktete Produkt sein. Dieser sollte viel mehr einzigartig, einprägsam und phantasievoll sein. Grundsätzlich lassen sich Phantasiebegriffe wie "Spotify" oder "Google" leichter schützen als beschreibende Begriffe wie "OnlineShop24". Wichtig ist außerdem, dass das Zeichen nicht gegen bestehende Markenrechte Dritter verstößt. Daher ist eine gründliche Recherche obligatorisch. Und nicht zu vergessen: Der Name sollte auch im Web (Domain, Social Media) noch verfügbar sein.
Was passiert, wenn ich feststelle, dass mein Wunschname schon vergeben ist? Was für Alternativen habe ich?
Dann ist leider Vorsicht geboten. Wenn das Zeichen bereits als Marke eingetragen ist, insbesondere für einen identischen oder sehr ähnlichen Waren- und/oder Dienstleistungsbereich, besteht ein hohes Risiko eines Markenkonfliktes und einer daraus resultierenden Abmahnung.
Alternativen sind:
Eine kreative Umbenennung oder Erweiterung des Namens;
Die Nutzung eines anderen Begriffs mit ähnlicher Aussagekraft;
Oder, in Einzelfällen, eine Lizenzierung oder sogar der Kauf der bestehenden Marke, wenn der Inhaber zustimmt.
Was muss ich beachten, wenn ich meine Marke international schützen möchte?
Markenrechte gelten immer territorial, also nur in dem Land, in dem sie angemeldet und eingetragen wurden. Wer also plant, auch im Ausland tätig zu sein, z. B. durch E-Commerce sollte über einen internationalen Markenschutz nachdenken. Das geht entweder durch Einzelanmeldungen in den jeweiligen Ländern oder zentral über das EUIPO (für EU-weiten Schutz) bzw. die WIPO (für internationale Registrierung über das Madrider System).
Was sind häufige Fehler, wenn es um die Wahl und den Schutz der eigenen Marke geht?
Einige klassische Fehler sind:
Keine Durchführung einer Markenrecherche vor der Nutzung des Zeichens;
Die Verwendung von zu beschreibenden Begriffen, die nicht schutzfähig sind;
Eine verspätete Anmeldung. Manchmal kommt es vor, dass Dritte oder auch die eigenen Vertriebspartner die Marke zuerst anmelden;
Fehler bei der Klassenauswahl und damit kein Schutz für die relevanten Waren und Dienstleistungen;
Verzicht auf juristische Beratung, obwohl es um ein langfristiges Asset geht.
Wie muss ich vorgehen, wenn ich bemerke, dass jemand meine Marke „klaut“ oder sehr ähnlich nutzt?
Im Falle, dass man feststellt, dass ein Dritter die eigene Marke für identische oder sehr ähnliche Waren und Dienstleistungen verwendet, sollte man schnell reagieren. Zunächst empfiehlt sich eine Beweissicherung, also Screenshots, Speicherung der Daten und ggf. von Kundenhinweisen. Im nächsten Schritt: Kontaktaufnahme über eine Berechtigungsanfrage oder Abmahnung, entweder selbst oder über eine anwaltliche Kanzlei. Sollte eine Markenrechtsverletzung bestehen, kann man den Verletzer auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verklagen.
Gibt es Tools, Plattformen oder Anlaufstellen, mit denen sich Gründer:innen einen ersten Überblick verschaffen können?
Ja, einige sehr gute sogar:
DPMAregister.de: Das offizielle Register des Deutschen Patent- und Markenamts.
TMview: Eine europäische Datenbank für Markenrecherchen.
EUIPO und WIPO: Das Register für Unionsmarken bzw. für internationale Marken.
Diese Quellen bieten eine gute Grundlage, um sich einen Überblick zu verschaffen, ersetzen aber keine individuelle Beratung bei kniffligen Fällen.
Was würdest Du unseren Gründer:innen mit auf den Weg geben wollen, die gerade am Anfang der Gründung stehen und sich vom Thema „Recht“ eher eingeschüchtert fühlen?
Das ist total verständlich, da rechtliche Themen am Anfang oft trocken, kompliziert oder sogar abschreckend wirken. Die gute Nachricht ist, dass man kein Jurist sein muss, um die wichtigsten Grundlagen zu verstehen. Gerade beim Markenrecht geht es um sehr greifbare Fragen: Wie soll mein Unternehmen heißen? Wie schütze ich meine Marke oder mein Logo?
Mein Rat: Geht das Thema Schritt für Schritt an und lasst euch nicht entmutigen. Es gibt heute viele verständliche Ressourcen, Tools und Anlaufstellen, die speziell für Gründer:innen gemacht sind. Ihr müsst nicht alles selbst machen, aber ihr solltet verstehen, was wichtig ist und wann es sinnvoll ist, sich Unterstützung zu holen. Wer hier früh gut aufgestellt ist, vermeidet später teure Überraschungen und kann sich ganz auf das konzentrieren, was wirklich zählt, nämlich das eigene Business aufbauen.
Herzlichen Dank, Katharina, für die kompetenten und praxisnahen Einblicke – und die vielen wertvollen Tipps für unsere Leser:innen!
Mit meiner über 10-jährigen Erfahrung im Startup-Corporate-Ökosystem und als Gründerin selbst, unterstütze ich als „Projektleitung Entrepreneurship & Innovation“ aus dem Rektoratsteam angehende Gründer:innen bei der Entwicklung ihrer Ideen bis zur Gründung ihres Unternehmens selbst. Besondere Freude bereiten mir die Gespräche und Interviews mit unseren Gründer:innen, Professor:innen und Studierenden rund um das Thema „Entrepreneurship“, bei denen ich auch mal hinter die Kulissen blicken darf.

Sabrina
Projektleitung Entrepreneurship & Innovation
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