Guten Tag liebe...?
"Es gibt viele Möglichkeiten, wie ich Euch jetzt ansprechen könnte: ‚Liebe Kolleginnen und Kollegen‘, ‚Liebe Studentinnen und Studenten‘ oder doch ‚Liebe Kolleg:innen‘, ‚Liebe Kolleg_Innen‘, ‚Liebe Studierenden‘ oder doch ‚Liebe Mitarbeitenden‘ – oder ganz nüchtern ‚Liebes Kollegium‘ ‚Liebe Studierendenschaft‘? Bei meiner Entscheidung sind mir die korrekte Orthografie und eine genaue sowie ästhetische Sprache genauso wichtig wie der Wunsch, mich fair auszudrücken. Gleichberechtigung sollte selbstverständlich sein – und in einer inklusionssensiblen Sprache zum Ausdruck kommen. Aber wie?
Spätestens hier treffen im deutschen Sprachraum Welten, Bedürfnisse und Meinungen aufeinander. Der Duden hilft derzeit noch wenig, denn bevor Sprache einen gesellschaftlichen Entwicklungsprozess widerspiegeln kann, bedarf es zuerst gesellschaftlicher Verhandlungen. Die Gender-Thematik und auch der sensible Sprachgebrauch im Umgang mit Menschen mit Behinderung kommen einem Griff ins Wespennest gleich – und wir als Hochschule stehen vor der Frage, wie wir den Prozess hin zu gender- und inklusionsgerechter Sprache anstoßen und moderieren können.
Als Hochschule sind wir uns aber bewusst: Wir haben die Chance, den Sprachwandel aktiv mitzugestalten. Und wir werden diese Chance nutzen!"
Nicola Schmidt-Geheb
Gleichstellungs- und Diversitätsbeauftragte der IU Internationalen Hochschule
Unser Leitfaden
Ein Leitfaden für gendersensible und inklusive (Bild-)Sprache für Mitarbeitende, Studierende und Lehrende an der IU Internationalen Hochschule.
Hier geht es zum deutschen LeitfadenHier geht es zum englischen Leitfaden
Das Gesetz zum Personenstand
Auch wenn sich der Großteil der Bevölkerung als Mann oder Frau versteht, ändern sich Wahrnehmung und Akzeptanz dafür, dass es eine Vielzahl an Geschlechtsidentitäten gibt. Ein wesentlicher Faktor dafür ist die Gesetzgebung, die seit 2018 die Möglichkeit bietet, neben den Einträgen „männlich“ oder „weiblich“ auch „divers“ im Personenstandsregister auszuwählen oder den Personenstand streichen zu lassen. Aktuell gibt es noch keine verbindlichen Regelungen, wie diese dritte Option sprachlich repräsentiert werden kann.
Was ist Gender?
Ein kleiner historischer Exkurs – In den Siebzigerjahren haben Feministinnen in Deutschland damit begonnen, den englischen Begriff „Gender“ (Soziales Geschlecht) zu verwenden. Sie wollten damit darauf aufmerksam machen, dass es verschiedene Faktoren gibt, die unsere Geschlechtsidentität ausmachen. Das soziale Geschlecht meint die Gesamtheit von Erwartungen, Konventionen und Rollenzuschreibungen, mit denen das biologische Geschlecht in unserer Gesellschaft verbunden wird. Es ist zugleich auch das durch unsere Erziehung erworbene Selbstverständnis über unsere Geschlechtsidentität. Der Begriff wurde entlehnt, weil es im Deutschen kein entsprechendes Wort dafür gibt.
Das englische Substantiv „gender“ steht für das gefühlte und gelebte Geschlecht. Das Wort „sex“ wird hingegen für das biologische Geschlecht verwendet.
Gendersensible Sprache impliziert den Versuch, die Facetten des sozialen Geschlechts zu repräsentieren, ohne dabei diskriminierend zu sein. Denn Sprache hat einen großen Einfluss auf unsere Vorstellung von der Welt.
Das sogenannte "generische Maskulinum"
Das „generische Maskulinum“ ist aktuell die Gebrauchsnorm in der deutschen Sprache. Generisch bedeutet in diesem Kontext „im allgemeingültigen Sinne“: Werden gemischte Gruppen benannt, wird die maskuline Form genutzt, die dann allgemein interpretiert werden soll. Weibliche oder nichtbinäre Personen, die auch trans- oder intergeschlechtlich sein könnten, werden durch diese historisch erklärbare, aber diskriminierende Technik des Benennens ungenau repräsentiert. Sie müssen in der Rezeption mitunter raten, ob sie angesprochen werden – oder erwägen schlimmstenfalls, gar nicht gemeint zu sein. Dadurch werden Geschlechterstereotype reproduziert. Wie der Unterschied zwischen generisch und spezifisch in Bezug auf die maskuline Form wahrgenommen wird, ist eine der grundsätzlichen Fragen in der Diskussion über gendergerechte Sprache. Daher ist der bislang etablierte Begriff auch irreführend, da aus Sicht von gendersensiblen Menschen das Maskulinum nicht generisch ist.
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