Team diskutiert in modernem Büro
Chancengleichheit & Diversität

„Ad Girls Club“: Gleichstellung in der Werbebranche

InterviewLesezeit: 3 Min.|31. Jan 2023, verfasst von Sabrina
Darum geht es:

Mit dem „Ad Girls Club” kämpft unsere New Work Bachelor Studentin Lisa Eppel gegen sexistisches Verhalten gegenüber weiblichen Kolleginnen in der Werbebranche!

Erfahre in diesem Interview, was sich genau hinter dieser Initiative verbirgt und was Lisa damit erreichen möchte.

Interview mit Lisa Eppel, Studentin an der IU und Gründerin vom „Ad Girls Club“!

Lisa Eppel | Foto: Valerie Schmidt

Liebe Lisa,

nach deinem Masterstudium und vielen Jahren als Mitarbeiterin in verschiedenen Werbeagenturen, hast Du Dich dazu entschieden, Dich noch einmal weiterzubilden und studierst nun im zweiten Semester „New Work“ bei uns an der Internationalen Hochschule (IU)!

Während Eurer Arbeit in der Werbebranche, wurden Du und Deine Kollegin häufig mit dem Thema „Sexistisches Verhalten gegenüber weiblichen Kolleginnen“ konfrontiert. Um das zu verändern und die Branche nachhaltig zu verbessern, habt ihr den „Ad Girls Club“ gegründet. Mit der Initiative wollt Ihr mit Betroffenen und Unternehmen ins Gespräch kommen und bietet dafür verschiedene Möglichkeiten an.


Was verbirgt sich genau hinter dem „Ad Girls Club“?

2020 haben Isabel Gabor und ich den Ad Girls Club gegründet. Wir setzen uns aktiv gegen strukturellen und Alltagsexismus in der Werbebranche ein.

Gestartet haben wir anonym als gesichtsloser Instagram-Account. Dadurch war unser Aktionsradius natürlich begrenzt. Mittlerweile sind wir aus der Anonymität hervorgetreten und arbeiten aktiv mit Agenturen, dem Branchenverband und verschiedenen Initiativen zusammen.

Neben unserem “Ad Girls Club Manifest”, das bereits 49 Agenturen unterzeichnet und sich damit u.a. zu einer Frauenquote von 50% ab Director Level und gegen einen Gender Pays Gap verpflichtet haben, werden wir auch für Schulungen und Vorträge oder Vorlesungen an Hochschulen angefragt. Wir hatten im Sommersemester auch einen Lehrauftrag an der Universität der Künste Berlin. Das hat uns natürlich sehr gefreut und war für die angehenden Werber*innen ein interessanter Insight.

So wurde langsam aus dem Instagram Account ein kleines Business, denn Arbeit, auch und gerade Aufklärungsarbeit, gehört fair bezahlt.

Gibt es Sexismus nicht in allen Branchen?

Absolut. Sexismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Die Werbebranche hat jedoch Besonderheiten, die nicht zu vernachlässigen sind. Lange Arbeitszeiten, alle wollen irgendwie cool und entspannt miteinander sein, man trinkt auch gerne bei einer Nachtschicht das ein oder andere Bier, die Hierarchien sind (vermeintlich) flach…. Die Grenzen verschwimmen schnell. Unsere branchenweite Umfrage (n = 1.481) hat ergeben, dass 81% finden, dass die Werbebranche ein Sexismusproblem hat

Für mich ist es wichtig, in der Branche, in der ich arbeite und das auch sehr gerne, einen positiven Wandel voranzutreiben. Die bekannten Klischees, nicht zuletzt durch die Serie “Mad Men” bekannt, kommen nicht von ungefähr. Dies einfach als “branchenüblich” abzutun ist zu kurz gegriffen und bagatellisiert sexuell übergriffiges Verhalten.

Wann war Dir klar, dass es genau diese Initiative braucht?

Wir haben beide in unserer Zeit in der Werbung immer wieder Sexismus erfahren. Der Punkt war erreicht, als es vor zwei Jahren einen großen Sexismus-Shitstorm gegen eine Agentur gab. Wir waren einfach nur noch sauer. Gar nicht zwingend auf eine einzelne Agentur, sondern auf die gesamte Branche. Die Agentur hat zu Recht ordentlich kassiert, aber alle anderen Agenturen haben sich weggeduckt, obwohl sie es selber hätte treffen können.

Dieses fehlende Problembewusstsein hat mir den Rest gegeben.

Was ist Euer wichtigstes Ziel?

Wir haben ein sehr hohes Ziel: Eine Branche, in der Gleichstellung und Gleichberechtigung herrscht. Dazu gibt es viele Hebel und Wege, dies zu erreichen.

IU Magazin Highlight
5 Forderungen gegen Alltagsrassismus in der Werbebranche
Ad Girls Club Manifest

Wir haben beispielsweise das “Ad Girls Club Manifest” ins Leben gerufen. Mit einer klaren Haltung und fünf Forderungen, können sich Agenturen öffentlich für einen Wandel einsetzen. Neben einer Frauenquote von 50% ab Director Level, verpflichten sich die Agenturen zu Genderneutraler Sprache, die Vereinbarkeit von Kind und Karriere, Lohngleichheit und vertrauensvollen Ansprechpartner*innen.

Bereits 49 Agenturen, von großen Netzwerkagenturen bis zu kleinen Start-up Agenturen, haben das Manifest unterzeichnet.

Was waren Eure wichtigsten Learnings seit der Gründung?

Wie wichtig und bereichernd es ist, ein Netzwerk aus starken Partner*innen zu haben. Ich liebe es, so tolle, kluge und starke Menschen zu kennen, dass wir uns gegenseitig inspirieren, unterstützen und gemeinsam für das gleiche Ziel kämpfen.

Empowered women empower women!

Lisa Eppel
Studentin an der IU und Gründerin vom „Ad Girls Club“!

Habt Ihr Gegenwind erfahren?

Nein, aber wer will sich schon öffentlich gegen Gleichstellung und für Sexismus positionieren?

Im Gegenteil, im Sommer wurden wir sogar von Deutschlands führenden CMOs (u.a. von Meta, Otto, Telekom, etc.) für unsere Arbeit mit dem Best Agency “Brave Hearts” Award ausgezeichnet. Ein starkes Zeichen, dass das Thema auch für die Kund*innen eine starke Relevanz hat.

Natürlich machen wir auch mal Fehler. Wir sind als weiße cis Frauen sehr privilegiert und lernen täglich dazu. Wir sind dankbar, wenn wir auf Dinge hingewiesen werden und dazu lernen können. 

Was würdest Du heute nicht mehr so machen?

Nicht sehr viel, da wir ja keine klassischen Gründerinnen sind. Wir hatten nie die Intention, dass wir so groß und branchenweit bekannt werden. Alles ist organisch und in unserem Tempo gewachsen.

Neben organisatorischen Dingen wie eine Steuerberatung von Anfang an zu involvieren (das hätte mir einiges an Zeit und Nerven gespart), würde ich heute die kleinen und großen Erfolge mehr feiern. Das kam etwas zu kurz, auch da wir den Ad Girls Club ja neben unserer Vollzeitarbeit in unserer Freizeit machen.

Was würdest Du einer Person raten, die einen sexuellen Übergriff durch einen Kollegen erfahren musst

Das ist schwierig pauschal zu beantworten.

Um einen internen Prozess anzustoßen, sollte die betroffene Person entweder zur offiziellen Beschwerdestelle, Betriebsrat, Personalabteilung oder der Führungskraft gehen oder einen externen Rechtsbeistand konsultieren.

Ob und wie Betroffene Sexismus ansprechen, ist von vielen Faktoren abhängig. Wie extrovertiert oder introvertiert die Person ist, wie sicher sie sich in der Situation fühlt. Aber auch welche Erfahrungen sie bereits gemacht hat und in welchem Abhängigkeitsverhältnis die betroffenen und verursachenden Personen zueinander stehen.

IU Magazin Highlight
Vertrauensvolle und offene (Fehler-)Kultur
Nulltoleranz gegenüber Sexismus

Daher ist es so wichtig, dass Unternehmen an einer vertrauensvollen und offenen (Fehler-)Kultur arbeiten und die Vertrauenspersonen richtig zu schulen, damit Betroffene sich dort aufgehoben, sicher und gut beraten fühlen. Eine Nulltoleranz gegenüber Sexismus sollte der Standard sein und ist auch gesetzlich vorgeschrieben, leider aber nicht immer gelebte Praxis.

Vielen ist ja gar nicht bewusst, wo Sexismus anfängt:

1.      Verbal wie Anzügliche Witze, sexuell zweideutige Bemerkungen, unangemessen formulierte Einladungen zu Verabredungen

2.      Non-Verbal wie anzüglich Blicke oder Starren, Pfiffe, aufdringliche Mails

3.      Physisch wie Tätscheln, Streicheln, Umarmen, scheinbar zufällige Berührungen oder sexualisierte Übergriffe oder Gewalt.

Unsere branchenweite Umfrage hat ergeben, dass jede 5. Person in den letzten zwei Jahren sexuell belästigt wurde. Das ist in Anbetracht dessen, dass Corona-bedingt die meiste Zeit im Homeoffice gearbeitet wurde, erschreckend hoch.

Eine regelmäßige Sensibilisierung und Schulung sind daher unerlässlich.

Welches Buch hat Dich persönlich beruflich inspiriert?

Es gibt für mich nicht das eine Buch. Für verschiedene Aspekte gibt es tolle und inspirierende Bücher. Es ist wichtig, intersektional zu denken. Ich habe als weiße cis Frau nicht die gleiche Lebensrealität wie mehrfach marginalisierte Personen. Als sehr privilegierte Person muss ich mich aktiv damit auseinandersetzen und regelmäßig meine Privilegien und Blindspots checken. Das ist ein lebenslanges Lernen.

Hier ein kleiner Auszug:

  • „Unsichtbare Frauen“ von Caroline Criado-Perez
  • „Against white feminism” von Rafia Zakaria
  • „Sei kein Mann“ von JJ Bola
  • „White Tears/Brown Scars. How White Feminism Betrays Women of Colour” von Ruby Hamad
  • „Der weiße Fleck“ von Mohamed Amjahid
  • „Sprache und Sein“ von Kübra Gümüşay

und viele, viele mehr.

Mit meiner über 10-jährigen Erfahrung im Startup-Corporate-Ökosystem und als Gründerin selbst, unterstütze ich als „Projektleitung Entrepreneurship & Innovation“ aus dem Rektoratsteam angehende Gründer:innen bei der Entwicklung ihrer Ideen bis zur Gründung ihres Unternehmens selbst.

Besondere Freude bereiten mir die Gespräche und Interviews mit unseren Gründer:innen, Professor:innen und Studierenden rund um das Thema „Entrepreneurship“, bei denen ich auch mal hinter die Kulissen blicken darf.

Sabrina
Projektleitung Entrepreneurship & Innovation
Artikel teilen
Zurück zu Your Life

Interessiert Dich vielleicht auch

Jetzt Infomaterial anfordern

Wir ziehen um

Ab dem 01.03. gehört der virtuelle Campus des Kombistudiums zum IU Fernstudium und findet dann in diesem neuen Umfeld statt. Für Dich ändert sich weiter nichts: Du profitierst auch hier von interaktiven Lehrveranstaltungen über Videochat, smarter Online-Lehre und dem Austausch mit Dozent:innen und Studierenden.

Infos per Post

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die Informationen zum Widerrufsrecht und zu den Verantwortlichen zur Kenntnis genommen.

*Pflichtfelder